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The Great Adblock Swindle

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In den letzten Tagen wird, dank iOS 9, viel von AdBlockern geredet. Die – meist diametral gegenüberstehenden – Meinungen platt zusammengefasst:

1. AdBlocker sind toll, machen einem das Browsen leichter, Werbung ist böse, purer Kapitalismus.

2. AdBlocker sind scheiße, ruinieren Journalismus, der nagt eh schon am Hungertuch, das Ende ist nah.

Was in dieser Gegenüberstellung als, User rebellieren gegen Medien, verkauft wird, bei der fast schon ein typischer Klassenkampf suggeriert wird, mit dem etwas lächerlichen Nebengeschmack des kämpferisch geschwungenen, angeeigneten Produktionsmittel AdBlocker, ist aber alles andere als eine gradlinige Geschichte.

Es gibt natürlich auch oft noch subtilere Zwischentöne. Apple macht das nicht aus “Gutmenschentum” (ach), sondern weil sie Google nicht leiden können. Man erinnert sich an die gute alte thermonukleare Option von Jobs. Anders gesagt, alles ist nur ein Gerangel der Uber-Firmen, ausgetragen auf dem Rücken werbebefreiter Glückskonsumenten, bzw. sitzkrank präkerer Vieltipper am Rande des Nervenzusammenbruchs.

Die Grundidee aber bleibt auch da die Gleiche: AdBlocker werden das immer mobilere Netz irgendwie aus dem Gleichgewicht bringen. Die einen erwarten Heilsversprechen, die anderen Untergang. Die typische Revolutionsstory also, die nicht ohne Grund, und weil das Internet unerklärlicherweise Kriegsmetaphern zu lieben scheint, “AdBlocker Wars” heißt.

Zeit zum Aufdröseln und die verschiedenen Systeme die am Werk sind, noch mal kurz vor Augen zu führen.

AdBlocker bedeuten für Webseiten vor allem erst mal sehr banal eins: der TKP (grob ausgedrückt, wie viel Geld bekomme ich für wie viele Clicks auf meine Webseite) sinkt. Er sinkt natürlich schon weit vor der Erfindung der AdBlocker. Nicht ins Bodenlose, aber Clickbait-Seiten sind auch nicht aus dem Nichts entstanden.

Was für die einen sinkende Preise sind, sind für die anderen Motivationen das Clickvolk in seiner emotional steuerbaren Gesamtheit noch mehr anzutreiben, dabei liegt die erste große Welle dieses Wahnsinns endlich hinter uns. Mehr AdBlocker bedeuten also zunächst mal vielleicht auch: noch mehr blöde Webseiten mit panisch sensationsheischenden Plattitüden. Ein paar werden sicher auf diesen schon basalen Instinkt reinfallen.

Die größeren Konzerne, die das Kommentarvolk in einer Geste, die man bestenfalls als zwangsneurotischen Sado-Masochismus beschreiben kann, schlimmstenfalls unter “Lügenpresse” zusammenfasst, sind aber eh längst höchst diversifiziert und kaum einer davon hat Webseiten als den gewinnbringendsten Konzernteil auch nur im Blick.

Natürlich bedeutet dieses neue Ungleichgewicht als Erstes, das Geld läuft woanders lang. Klar, am sichtbarsten zu Apple und zu den Softwarefirmen, die AdBlocker machen. Kapitalismus lässt sich so einfach nun auch nicht austricksen. Wie Werbung sich in AdBlocker wieder einschleichen kann, haben wir ja auch schon an jenen Beispielen gesehen, die “manche” Werbung wieder freischalten und quasi als Webseiten-Werbe-Blockwart pfiffig eine Freischaltesteuer kassieren.

Nichts übrigens hält Firmen mit immensen Geldreserven, von denen Fort Knox träumen würde, davon ab, solche Start-Ups irgendwann einzukaufen und in ihr eigenes Werbemodell, notfalls unter NDA, sanft zu integrieren. Der Buyout ist ja seit langem schon das größte Heilsversprechen dieser Branche.

Die Zeit, in der Banner in ihren diversesten Formen das Butter und Brot einer Webseite waren, ist obendrein längst der Mischküchelchen-Zeit gewichen, in der nicht nur Native Advertising die Aktivation-Keule mächtig mitschwingt. AdBlocker werden das zum Teil sicher noch weiter forcieren. Aber eigentlich läuft es auch so schon: Google selbst ist mit seinen Native Ads logischerweise auch da vorne mit dabei.

Die Verschmelzung von Werbung und Inhalt war selbst zu Printzeiten, selbst (aber nicht nur) bei kleineren Blättern oft nicht gerade ein Einzelfall, im Netz der nächsten Jahre dürfte eine klare Trennung fast schon zu einem Relikt werden, denn nicht nur sind längst Firmen entstanden, die eigentlich statt Werbung Inhalte produzieren sondern schließlich lautet das Credo der Werbebranche schon seit geraumer Zeit: lieber direkt an den Kunden ran. Lieber nicht so werbemässig werben.

Banales Beispiel dafür, das auch AdBlocker im Zweifelsfall keine Ahnung mehr haben, was Werbung ist : Eine Webseite, wie beispielsweise Focus.de ist mit einem AdBlocker zu zwei Dritteln leergefegt, das meiste davon Inhalt. Das Dresdner Ultraboulevard, Wutbürger-Hassblatt und deren Flurgeflüsterkanal Nr.1, die Mopo24, sieht mit Blocker genau so aus wie ohne, weil Anzeigen dort schlicht das gleiche News-Modul sind, wie der Rest.

Aber es gibt noch ganz andere Umschichtungen. Apples News App z.B, in der wohlsortierte Großkonzerne ihren Auftritt – frei von AdBlockersorgen – buchen können, ist nicht zufällig gerade jetzt mitveröffentlicht worden und der Newsstand – ehemals digitale Heilsbotschaft des kommenden Tabletmagazinbooms – auf dem besten Weg zur Wüste. Facebooks Instant Articles gehen einen ähnlichen Weg über die Ausrede: wir liefern das schneller, die “experience” eurer Kunden ist dann mehr “native” auf Mobile und ihr bekommt auch was von Werbekuchen ab, aber erst mal bitte nur VIPs. Von der Multitude der Webseiten zum Fusselchen in der Hand der Handvoll ganz großer Konzerne, ist es auch nur ein kleiner Schritt und der ist halb getan. Wie man denken konnte, dass mit explodierenden Strukturmöglichkeiten der Medien die Gatekeeper verschwinden würden, statt sich wild im Futter der Kapitalströme zu vervielfältigen, bleibt eins der großen Rätsel des “Internet”.

Amazons Einkauf der Washington Post als Prime Kunden Zückerchen wäre ein weiteres Anzeichen dafür. Die Verlagerung von Webseiten in Apps, die in jeder Hinsicht besser kontrollierbar sind, als der Wildwuchs im Netz. News-Aggregatoren mit Bindung an einzelne Smartphonehersteller, wie zuletzt von Samsung und Springer vorgestellt. Die dieser Tage blühenden Jugendsparten der großen Medienkonzerne mit klickibunti Hashtag-Formaten für die Digital-Natives-Generation. Konfetti!

Man kann denken, AdBlocker befreien einen von Werbung, aber letztendlich befreien sie einen eher nur von Werbeformaten, die eh schon zum alten Eisen des Arsenals gehören. Von der Wahrnehmbarkeit der Werbung, dem klaren Rahmen befreien sie einen, was optisch ohne Frage ein Vorteil sein kann. Strukturell eine Art digitalen Robin Hood in AdBlockern zu sehen, ist aber ebenso blödsinnig wie Blendle für den paywallbefreienden Glücksbrunnen in der Welt der Groschengräber zu halten.

Die (etwas brüchige) Umkehrung der oben angeführten beiden Gründe wäre eben so wahr.

1. AdBlocker sind scheiße, weil sie den Browser abwerten, Werbung bis zur Unkenntlichkeit verstreuen und die Zentralisierung des Kapitals fördern.

2. AdBlocker sind toll, weil sie Journalismus aus den hierarchischen Zwängen der Webseiten befreien und zu einem erfrischenden Gewusel zwischen Periscope, Instagram, Facebook, YouTube und Ähnlichem machen.

Denn wahr ist ja auch, man holt sich dieser Tage seine Informationen – gerade auch zu Themen, die sonst ein typisches Feld des Journalismus wären – aus einem höchst diversifizierten Chor von Quellen, von denen klassischer Journalismus nur noch eine von vielen ist. Und klar ist auch: das führt nicht unbedingt dazu – so die große Klage der großen “Verlagshäuser”, die es eigentlich gar nicht mehr nötig hätten und diese Klage wohl auch eher nicht an Leser richten – schlechter oder gar langsamer und oft eben auch nicht ungesicherter informiert zu sein. Es dürfte ja zu den albernsten Ausprägungen gehören, dass Medien voll sind von eingebetteten Tweets, FB-Posts, YouTube-Videos, aber trotzdem gelegentlich das Hohelied der gesicherten Quellen gegen die usergenerierte Unsicherheit anstimmen.

Das Wort “Lügenpresse” ist nicht der unheilige Geist der Verschwörer, den das Internet mit seiner “jeder darf mal”-Attitude aus der Flasche gelassen hätte, sondern viel mehr ein grundlegendes Versagen der Gesellschaft, ihren Mitgliedern auch nur den Bezugsrahmen kritischen Medienumgangs zu vermitteln.

All das aber führt auch dazu, dass Journalisten wiederum zum Twittern in die Einsatzgebiete fahren oder haufenweise kameraunerfahrene Journalisten mit Periscope zu DIY-Liveberichterstattern werden, die so auch ungewöhnlich “ungefilterte” Einblicke liefern, aus Umgebungen, in denen nahezu jeder der will mit ihnen auf einem Level agieren kann.

Das komplexe Spiel aus Vertrauen, Verführung, Aufklärung, Verheißung und Welt-Spektakel, das Medien “vermitteln”, mag in die nächste Runde gehen, besonders gut darauf vorbereitet sind wir aber nicht, dass die “vierte Gewalt” plötzlich ganz offensichtlich in einer Mikrophysik der Macht zersplittert.


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